Unendliche Endlagersuche?
Ausgabe 23 - Wieso die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle noch Jahrzehnte dauern wird und daran scheitern könnte
Moin!
In dieser Newsletterausgabe nehme ich Sie mit in die Tiefen einer Recherche, an der ich in den vergangenen Wochen für den Deutschlandfunk gearbeitet habe. Die Neuigkeit ist, dass die Suche nach einem Endlager viel länger dauern wird, als ursprünglich geplant. Die viel größere Geschichte dahinter ist aber die eines Lösungsansatzes, der scheitern könnte. Eine von Verantwortungsdiffusion und Problemen, die wieder einmal in die Zukunft geschoben werden, obwohl längst Strukturen zu ihrer Bewältigung geschaffen wurden.
Es geht um die große Frage ob und wie wir als Gesellschaft in der Lage sind Clusterfucks aufzulösen.
Schön, dass Sie dabei sind!
Ein Tunnel im zu räumenden Lager Asse
Bevor wir die Endlagersuche aufdröseln, historisch aber auch strukturell, schauen wir kurz auf die neuste Facette: Den Nachrichtenwert der Recherche. Ordnung muss sein.
Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll wird bestenfalls bis 2074 dauern. Erst dann kann ein Standort vorgeschlagen werden. Das geht aus einem Forschungsgutachten des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung hervor, über welche der Deutschlandfunk zuerst berichtet hatte. Die Suche würde damit Jahrzehnte länger dauern, als im Standortauswahlgesetz vorgesehen. Dort ist die Rede von einer Standortfindung 2031.
Endlagerstandortfestlegung also - im best case - heute in 50 Jahren - haben Sie da schon was vor? Mir persönlich wäre es zu heikel, da jetzt schon konkret einen Termin zu vereinbaren, wer weiß, ob nicht was dazwischen kommt, der eigene Tod beispielsweise.
Warum also dauert das so lange?
Hochradioaktiver Müll ist das, was nach der Nutzung von Kernenergie zurückbleibt. Reste von Brennstäben, beziehungsweise Reste aus der Wiederaufbereitung. Sensibles Material, das Strahlung abgibt und Hitze entwickelt. Entsprechend muss er angemessen eingetuppert werden, damit er keine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellt. Dafür wurden sogenannte Castor-Behälter entwickelt. In Deutschland reden wir derzeit über weit mehr als 1000 dieser Behälter, die über die ganze Bundesrepublik verteilt in Zwischenlagern stehen. 16 davon gibt es, vor allem an Standorten der ehemaligen Kernkraftwerke. Dazu kommen drei zentrale Lager in Ahaus, Gorleben und Lubmin.
Ah, Gorleben, klingelt da was? Kurzer historischer Exkurs.
Der Salzstock in Gorleben war über Jahrzehnte hinweg als Endlagerstandort festgelegt worden. Eine politische Entscheidung, an der insbesondere der damalige Ministerpräsident Niedersachsens Ernst Albrecht (CDU) großen Anteil hatte – er hatte Gorleben 1977 für ein Entsorgungszentrum auserkoren. Damals lag Gorleben direkt an der Grenze zur DDR – die ihrerseits wenige Jahre zuvor ihr Endlager in Morsleben eingerichtet hatte, weiter südlich, auch direkt an der Grenze. Von Helmstedt kann man fast rüber spucken.
Die Entscheidung für Gorleben war eine politische. Vor Ort entwickelte sich eine starke Bürger:innen-Bewegung. [Link] Der Atommüll war hier nicht gewollt, auch gab es erhebliche Zweifel an der Eignung des Salzstocks - wissenschaftlich begründbar.
VÖ von 1980
Der Streit über Gorleben ging Jahrzehnte lang – so wie auch der Streit über die Atomkraft an sich. Dann kam Fukushima.
2011 wurde der deutsche Atomausstieg erneut beschlossen (siehe dazu letzte Newsletterausgabe). Und dann war da noch die Asse. In das ehemalige Salzbergwerk bei Wolfenbüttel waren in den 60ern und 70ern schwach- bis mittelradioaktive Abfälle eingelagert worden. Forschungsmüll vor allem aus Süddeutschland.
Aus dem Begehungsprotokoll von 1964
Aus der Protokollnotiz von 1964 sticht ein Argument hervor: Der Preis. Ende der 50er/Anfang der 60er stieg Deutschland gerade in die Atomkraft ein und dass schon zu Forschungszwecken Müll anfallen würde, der irgendwo hin musste, war klar. So entschied man sich für das ehemalige Salzbergwerk - und nannte das Projekt “Forschungsbergwerk”. Der Müll wurde dort runtergebracht und dann guckte man mal, was passiert. Doch im Laufe der Jahrzehnte zeigte sich: Das Bergwerk ist instabil, außerdem dringt Wasser ein. Der Atommüll soll wieder raus. Ein Riesenaufwand und Riesenkosten. Die laufend schlechten Nachrichten aus der Asse warfen auch ein negatives Licht auf Pläne für Gorleben.
Fukushima, der deutsche Atomausstieg, das Desaster der Asse – all das sorgte für ein politisches Gelegenheitsfenster. Die Suche nach einem Atommüllendlager wurde ab 2013 auf neue Füße gestellt – wissenschaftsbasiert und transparent sollte es sein.
Wer welche Rolle in dem Verfahren bekommen sollte, wie es ablaufen sollte, all das wurde von 2014 bis 2016 in der sogenannten Endlager-Kommission besprochen. Falls Sie mal ganz viel Zeit haben, der Abschlussbericht hat fast 700 Seiten: [Link]
Der hochradioaktive Atommüll soll unterirdisch gelagert werden, in einem Bergwerk, das zu diesem Zweck errichtet wird, in einem Gestein, das dafür geeignet ist, die Strahlung abzuschirmen und dadurch zusätzliche Sicherheit zu schaffen. Und: Allzu lange dauern soll das Ganze nicht mehr.
„Die Festlegung eines Endlagerstandortes soll nach dem Standortauswahlgesetz bis 2031 erfolgt sein. Anschließend wird das Genehmigungsverfahren mit dem Ziel einer Errichtung und Betriebsgenehmigung für das Endlager gestartet. Nach erteilter Genehmigung wird die bergtechnische Erschließung des Standortes für die Einlagerung der hoch radioaktiven Abfälle weitere Jahre dauern. Die Realisierung aller benötigten bergtechnischen Funktionen soll in diesem Szenario ca. 2050 abgeschlossen sein, so dass dann mit der Einlagerung der Abfälle begonnen werden könnte.“
Das Jahr 2031 als Zielgröße wurde 2017 ins Gesetz aufgenommen und steht da bis heute. Obwohl inzwischen völlig klar ist, dass es nicht zu halten ist. Aber dazu später mehr. Außerdem wurde das Verfahren um weitere Anforderungen ergänzt. Es soll partizipativ, wissenschaftsbasiert, transparent, selbsthinterfragend und lernend sein.
Förderturm an der Schachtanlage Asse 2
Soweit zur Vorgeschichte.
Seit 2017 gibt es also einen Fahrplan für die Suche (3 Phasen) und festgelegte Akteure. Es sind viele, darum ein kurzer üüberblick:
Da ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die die Suche praktisch umsetzt und auch das Endlager betreiben wird. Die BGE ist ein staatseigenes Unternehmen.
Da ist das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), welches die Aufsicht über die BGE hat und die Öffentlichkeitsbeteiligung organisiert.
Da ist das Bundesumweltministerium (BMUV) als oberste Atomaufsicht und damit auch Aufsicht über das BASE sowie als Gesellschafter der BGE.
Da ist das Nationale Begleitgremium (NBG), in dem sich 18 Mitglieder aus der Zivilgesellschaft zusammenfinden, die durch Möglichkeiten der Akteneinsicht quasi eine Transparenzfunktion haben.
Da ist der Deutsche Bundestag, der nach den jeweiligen Phasen politische Beschlüsse fassen muss.
Die Vielzahl der Akteure ist ein feature, kein bug, so zumindest die Grundidee – so ist es nicht die eine Stelle, die Entscheidungen trifft, sondern viele Dinge müssen zwischen den einzelnen Akteuren ausgehandelt werden, können gegenseitig kritisch hinterfragt werden. Checks and balances sozusagen. Auf diese Weise soll auch vermieden werden, dass der Eindruck entsteht, dass Entscheidungen politisch sein könnten. So wie Gorleben damals. Das neue Verfahren soll Vertrauen in der Bevölkerung schaffen – sein Gelingen ist aber auch von genau diesem Vertrauen abhängig.
Nur: Diese Struktur macht Kurskorrekturen schwierig. Wenn etwas schief läuft, gibt es nicht die eine Stelle, die nachsteuern kann. Auch das muss ausgehandelt werden. Und das ist angesichts der Verzögerungen, die sich im Prozess auftun, ein Problem.
2022 hat die BGE erstmals einen Zeitplan vorgelegt. Wir erinnern uns: Zielmarke laut Gesetz ist 2031. Laut BGE kann ein Endlagerstandort frühestens 2046 benannt werden, im worst-case dauert es sogar bis 2068.
Ich weiß, zusätzlich zu den ganzen Abkürzungen haben wir jetzt auch noch Rudelbildung bei den Jahreszahlen, vergnügungssteuerpflichtig ist das alles nicht.
Aber es hilft ja nichts.
Das Forschungsprojekt des Öko-Instituts im Auftrag des BASE kommt jetzt also zu dem Schluss: Es dauert noch länger. Wenn es gut läuft, landen wir bei 2074. Dann würde ein Endlagerstandort benannt werden können – über den dann aber auch der Deutsche Bundestag entscheiden muss. Sprich: In frühestens 50 Jahren müssen sich Mehrheiten finden für den Abschluss eines Verfahrens, das über Jahrzehnte hinweg lief. Diejenigen, die es in Gang gesetzt haben, werden dann nicht mehr leben. Welche politischen Verhältnisse dann in Deutschland herrschen weiß niemand. Ob unsere Demokratie angesichts der Veränderungen durch die Klimakrise durchhalten wird? Hoffen wir mal.
Selbst wenn ein solcher Beschluss gelingen würde, müsste dann noch mit Planung, Genehmigung und Bau des Endlagers begonnen werden. Den Müll unter die Erde zu bringen, wird wohl unter diesen Voraussetzungen um die nächste Jahrhundertwende beginnen können – wenn es gut läuft.
Bis dahin stehen die Castorbehälter oberirdisch in Zwischenlagern. In einer Welt zunehmender politischer Spannungen, geopolitischer Veränderungen und häufigeren Extremwetterereignissen.
Tunnel in der Schachtanlage Asse 2
Warum diese Suche sich denn jetzt so lang hinziehen soll, fragen Sie sich vielleicht.
Das liegt am Verfahren, den Akteuren und den vielen Daten.
2020 hat die BGE eine Karte mit Teilgebieten veröffentlicht. Dabei stellten sich 54% der Fläche der Bundesrepublik als theoretisch denkbar heraus – weil hier Ton, Salz oder kristallines Gestein vorliegt.
Aus den herausgearbeiteten Teilgebieten werden nun im Rahmen der Phase 1 Standortregionen entwickelt. Bis zu 10 könnten es werden – und dann bekommt die Suche auch tatsächlich wieder lokale Aufhänger. Im Moment schwebt sie quasi über 54 Prozent der der Landesfläche, das macht Diskussionen arg theoretisch.
Sind die Standortregionen benannt (wohl 2027), wird es dort Regionalkonferenzen geben, um die lokale Bevölkerung einzubinden. Anschließend gibt es ein parlamentarisches Verfahren und der Bundestag beschließt, welche Standortregionen offiziell benannt werden, um diese oberirdisch zu erkunden.
Die oberirdische Erkundung ist Phase 2. Beginnend wohl ab den 30ern.
Hier werden eigene Daten erhoben und ausgewertet - um die Gebiete weiter einzugrenzen. Am Ende steht wieder ein entsprechender Vorschlag, in dem weniger Standorte in die letzte Runde rutschen – über die aber wieder der Bundestag entscheiden muss.
Phase 3 ist dann die unterirdische Erkundung – d.h. hier werden voraussichtlich Bergwerke gebaut, um unter Tage zu gucken, was das Gestein denn so sagt. Bergwerke bauen heißt: Planen, genehmigen, bauen. Daten sammeln, auswerten.
Und am Ende steht dann ein Standortvorschlag über den wieder der Bundestag entscheiden muss.
Es ist ein Verfahren mit enormem Aufwand, der sich aus der Fülle der Daten sowie der Fülle der Akteure ergibt.
Wie kommt es jetzt zur Diskrepanz zwischen den best case Szenarien? 2074 statt 2046?
Die BGE hatte in ihren Berechnungen viele externe Prozesse zu kurz angegeben, zu diesem Ergebnis kommen die Autorinnen des Forschungsberichts des Öko-Instituts. So wurde beispielsweise für Gesetzgebungsverfahren deutlich zu wenig Zeit eingeplant. Und so summieren sich die Handlungsschritte externer Partner auf.
Und ginge es nicht schneller?
Doch.
Die Autorinnen des Forschungsberichts schlagen beispielsweise vor, dass man die Zahl der Standortregionen eingrenzen könnte. Nicht 10, sondern gegebenenfalls weniger. Das würde den Aufwand der Datenerhebung erheblich verkleinern. Zudem ließen sich einige Gebiete wohl auch vorab gut ausklammern. Beispiel: Offshore-Bereiche. Ein Endlager in der deutschen Nordsee? Scheint ohnehin irgendwie unrealistisch. Das wäre sozusagen das kleine Besteck.
Man könnte aber auch an das Standortauswahlgesetz ran und den gesamten Prozess einer Novellierung unterziehen. Immerhin ist das Gesetz als selbsthinterfragend und lernend angelegt. Muss etwa der Bundestag am Ende jeder Phase eingebunden werden? Sind die Kriterien (sicher auf 1 Mio Jahre) realistisch? Lassen sich die Beziehungen zwischen den beteiligten Akteuren optimieren?
Bisher gibt es dafür aber keinerlei politischen Willen.
Das BASE hatte 2023 in einer Stellungnahme [Link] deutlich gemacht, dass es eine Evaluierung des Prozesses für notwendig hält – und auch eine Änderung des Gesetzes.
„Die bisher im Gesetz genannte Jahreszahl 2031 muss durch ein konkretes und realisierbares Ziel ersetzt werden.“
Das Umweltministerium lässt keine solchen Pläne erkennen. Tatsächlich formuliert es auch kein klares Ziel, keine Jahreszahl, keine „Benchmark“. Es gibt also derzeit überhaupt kein zeitliches Ziel für den Prozess, auf den Optimierungen hin ausgerichtet werden können. Damit auch keine Notwendigkeit etwa für die BGE die Dinge schneller zu machen - auch keinen ökonomischen Druck, denn finanziert wird der Prozess über einen Fonds.
Das BASE hält in Gesprächen weiterhin an 2046 als Benchmark fest, quasi als neues 2031. Auf Nachfrage, ob sich das Umweltministerium dem anschließt konnte eine Sprecherin mir in der Bundespressekonferenz am 7. August keine Antwort geben. Im Rahmen einer Nachreichung präzisierte das Ministerium:
„Das BMUV geht bei jetziger Planung der BGE davon aus, dass bis Mitte des Jahrhunderts ein Endlagerstandort benannt ist, wobei hierin noch nicht alle für möglich erachteten Beschleunigungspotenziale berücksichtig sind.“
Tatsächlich beschwichtigt das Umweltministerium in Bezug auf die Inhalte des Gutachtens im Auftrag des BASE. 2074 sei nicht realistisch, in den letzten Monaten habe es dynamische Entwicklungen gegeben, die der Forschungsbericht noch nicht berücksichtigen konnte.
So könne man Prüfzeiten „stark verkürzen“, weil das BASE die Arbeiten der BGE jetzt kontinuierlich begleite. Was das konkret heißt, bleibt völlig unklar. Was das BMUV aber konkret wissen lässt: Tatsächlich soll die BGE eine deutlich reduzierte Zahl an Standortregionen vorschlagen.
Im Umweltministerium wurde ein Arbeitskreis “Evaluation & Zeitplan” eingerichtet, in dem u.a. Akteure von Ministerium und BASE zusammenkommen. Eine öffentliche Diskussion über die Beschleunigung des Verfahrens scheint nicht gewollt. Der BASE-Präsident Christian Kühn sagte kürzlich in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen, der richtige Zeitpunkt sei mit Festlegung der Standortregionen. [Link] Wir erinnern uns: Vorschlag 2027, dann Regionalkonferenzen, dann Beschluss des Bundestages. Das heißt: Über eine Beschleunigung wird nicht diese Bundesregierung entscheiden, nicht die nächste, sondern bestenfalls die übernächste.
Mehrere Akteure, die mit dem Verfahren vertraut sind, haben mir gegenüber Sorgen geäußert, dass das ganze Vorhaben unter diesen Voraussetzungen scheitern könnte. Denn ganz entscheidende Fragen werden so eben auf den Schultern künftiger Generationen abgeladen. Auch führen die langen Zeiträume die Idee der Partizipation völlig ad absurdum. Wie soll sich in der Bevölkerung Expertise und Engagement entwickeln, wenn Prozesse Jahrzehnte dauern?
Tunnel der Schachtanlage Asse 2
Und warum passiert nicht mehr?
Hierfür kann es verschiedene Gründe geben. Da ist zum einen wohl die Sorge, jede Änderung am Verfahren könnte es politisch wirken lassen. Als Einflussnahme verstanden werden, um das Pendel in eine bestimmte Richtung schlagen zu lassen. Das will niemand.
Genauso wenig, wie aber irgendwer ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll bei sich will. Bayern hats im Koalitionsvertrag ausgeschlossen. Netter Versuch, aber natürlich gleichermaßen frech, wo doch gerade Markus Söder immer wieder auf von der Atomkraft schwärmt. Wasch mich, aber mach mich nicht nass.
Weil aber eben niemand ein Atommüllendlager bei sich haben möchte, sind enorme Konflikte absehbar, sobald sich alles wieder stärker auf konkrete Regionen fokussiert. Wie diese Konflikte sich gerade auch angesichts anderer Bruchlinien entwickeln werden – völlig offen. Derzeit ist die Endlagerfrage scheinbar befriedet, es gibt andere Baustellen, die drängender wirken.
Und zur Wahrheit gehört auch, dass jede Novellierung eines Gesetzes immer auch das Risiko birgt, dass es sich nicht nur zum Besseren verändert.
Nur: Derzeit werden Dysfunktionalitäten im Verfahren erkennbar, mit denen man einen Umgang finden muss. Andernfalls könnte der ganze Prozess Schaden nehmen, quasi kontaminiert werden. Und dann können Scheinlösungen attraktiv werden. Schon jetzt locken findige Unternehmer damit, sie könnten den Müll wieder aufbereiten, dann bräuchte man gar kein Endlager. Das ist fachlich Unsinn, aber wie gerne Scheinlösungen angenommen werden, zeigt sich ja auch bei der Gaukelei rund um efuels. Selbst wenn Transmutation gelingen würde, bräuchte man für übrigbleibende Abfälle trotzdem ein Endlager. [Link]
Insgesamt kann man also festhalten: Läuft nicht so gut.
Der Forschungsbericht des Öko-Instituts im Auftrag des BASE
Die Zahl 2074 war vor der Veröffentlichung durch den Deutschlandfunk (am 7.08.) übrigens monatelang bekannt: Im BASE. Dort lag der Abschlussbericht des sogenannten PaSta-Projektes seit Februar. Das Amt sagt zur Begründung, dass er erst ausgewertet werden musste und die Veröffentlichung vorbereitet wurde. Diese sei für Herbst geplant, so das BASE. Auf beharrliche Nachfrage erhielt ich den Bericht jedoch eher und das Amt veröffentlichte ihn einen Tag vor unserer Berichterstattung auf der Webseite. [Link] Auch andere Medien konnten so mit Verweis auf die Originalquelle über das Thema berichten.
Verwirrend bis pikant: Noch Anfang Juli hatte der parlamentarische Staatssekretär des BMUV, Jan-Niclas Gesenhues, auf eine Anfrage der Unionsfraktion im Rahmen der Fragestunde des Bundestags schriftlich geantwortet, das Projekt sei noch nicht abgeschlossen, dies sei voraussichtlich erst 2025 der Fall. Der Projektbericht lag da seit Monaten in der Schublade des BASE. Das Bundesamt kann sich auf Nachfrage nicht erklären, wie diese Zahl zustande kam, das BMUV sagt, es habe auf Basis von Informationen des Amtes geschätzt. Offiziell an das Ministerium übergeben wurde der Bericht am 25. Juli - zwei Tage nach meiner ersten Presseanfrage zu seiner Existenz. Es bleiben ein paar Fragen offen.
Übrigens: Seit Februar hat das BASE eine neue Leitung. Christian Kühn hat übernommen, ehemaliger Grünen-MdB und Vorgänger von Gesenhues im Amt des parlamentarischen Staatssekretärs.
Diese Geschichte wird weitergehen.
Da ist die Situation der Zwischenlager, deren Genehmigungen auslaufen. In Jülich und Brunsbüttel liegen Castor-Behälter schon jetzt ohne Genehmigung. Jülich müsste eigentlich geräumt werden, was Castortransporte durch das dicht besiedelte NRW nach sich ziehen würde. Das Vertrauen der Menschen in den Zwischenlagergemeinden leidet durch den unklaren Zeitplan.
Das Nationale Begleitgremium, welches zwar keine Entscheiderrolle im Prozess hat, wohl aber eine, die für Transparenz sorgen soll, ist seit langem nur kommissarisch besetzt, weil politisch über die Besetzung gestritten wird. Und was wird eigentlich aus dem Fonds, der die Suche finanzieren soll?
Ich jedenfalls muss jetzt jedes Mal, wenn ich „Pasta“ lese, an Atommüll denken. Augen auf bei der Berufswahl.
Danke für Ihr Interesse! Und teilen Sie diesen Beitrag gerne, wenn Sie denken, es sollten sich wieder mehr Menschen mit diesem Thema beschäftigen.
Frau Büüsker