Moin!
Das Geräusch von Regen.
Sei es das leise Trommeln auf dem Regenschirm, das Prasseln, wenn er auf die nasse Straße fällt oder die Königsform: Regentropfen auf einem Dachfenster. Vor allem letzteres ist für mich der Sound von Gemütlichkeit. Und dann ist da der Duft eines Sommerregens, Petrichor genannt, der einen heißen Tag perfekt macht.
Zugegeben - als Kind matschiger niedersächsischer Winter der 90er war ich nicht immer eine Freundin des flüssigen Niederschlags. Aber seit Regen eine seltenere Ressource geworden ist, weiß ich ihn umso mehr zu schätzen. Und auch wenn manch eine:r schon genervt die Augen verdreht, weil es seit Jahresbeginn häufiger regnet - ich hoffe auf noch mehr. Denn noch immer herrscht in weiten Teilen Deutschlands Dürre.
Und so wird Regen in der Klimakrise zunehmend auch zu einem Politikum.
In dieser Ausgabe lesen Sie, warum.
Schön, dass Sie dabei sind!
Ach - und bevor ich das vergesse, falls Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie ihn gerne weiter :)
Es herrscht nicht nur Dürre in Deutschland, in großen Teilen ist es sogar eine “außergewöhnliche Dürre”. So zeigen es Daten des Dürremonitors des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Auf 1,8 m Bodentiefe ist es in Teilen von Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen außergewöhnlich trocken. Mehr als die Hälfte der Fläche Deutschlands hat zu wenig Wasser in den tiefen Schichten.
Es ist also dringend nötig, dass es in den kommenden Wochen weiter ordentlich regnet (oder auch schneit. Gib Niederschlag!). Andreas Marx, vom UFZ spricht gegenüber dem Deutschlandfunk gar von „vier bis sechs Monaten, in denen man keine Hitzeperioden haben sollte, mit überdurchschnittlichem Niederschlag.“
Das sei nötig, um die unterirdischen Wasserspeicher nach den vergangenen Trockenjahren wieder aufzufüllen. Ist nur leider unrealistisch.
Wir stehen zwar mitten im Winter mit top gefüllten Gasspeichern da, aber bei unseren unterirdischen Wasserreserven sieht es weniger gut aus. Nun kann zu diesem Zeitpunkt niemand erahnen, wie der kommende Sommer ausfallen wird, ob er wieder heiß und trocken wird. Die Rückschau auf die vergangenen Sommer lässt allerdings nichts Gutes erahnen. Europa hat den zweitwärmsten Sommer seiner Geschichte erlebt mit langen Dürreperioden. So sagt es der europäische Erdbeobachtungsdienst Copernikus.
Die Grafik stammt aus der Anfang Januar veröffentlichten Zusammenfassung, die insgesamt nicht so richtig gute Laune macht: Hier entlang zur Quelle & mehr Infos.
Weltweit betrachtet unterstreichen die Daten, dass wir schon jetzt eine Erderwärmung von 1,2 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau erreicht haben. Das mit dem 1,5-Grad-Ziel wird entsprechend eng.
Die heißen Sommer bedeuten nicht zwangsläufig, dass es auch überall trocken wird. Auch 2022 haben wir gesehen, dass sich Niederschläge regional sehr unterschiedlich entwickelt haben. Gerade in der Hochsommerphase war es aber in weiten Teilen Deutschlands viel zu trocken. Und das führte zu einer Fülle an Problemen. So haben niedrige Flusspegel etwa für Probleme beim Transport von Kohle für Kraftwerke gesorgt – eine besondere Laune des Zufalls, dass die Folgen der Klimakrise plötzlich eine Ursache der Klimakrise behinderten. Aber natürlich wurde dadurch auch der Transport anderer Waren behindert. Im Harz hat der Baumbestand erheblich unter Dürre und Käferplagen gelitten, was sich nachweislich auf die Qualität des Wassers in Deutschlands größter Trinkwassertalsparre, der Rappbodetalsperre ausgewirkt hat.
In Frankreich bekamen Atommeiler Probleme mit der Kühlung. Die Oder führte zu wenig Wasser und wurde zu warm – ein zusätzlicher Stoffeintrag durch zu viele Salze führte zur explosionsartigen Vermehrung einer Brackwasseralge – und deren Existenz zum gewaltigen Fischsterben in der Oder. Der Fluss ist übrigens immer noch zu salzig, die Katastrophe könnte sich also wiederholen. Läuft.
In Teilen Brandenburgs erinnerten die Wiesen im vergangenen Sommer eher an Steppe. Entspricht zwar dem ursprünglichen Lebensraum von Pferden, ist aber trotzdem gruselig - und hatte deutliche Auswirkungen auf die Heuernte.
Es gibt natürlich auch das andere Extrem - Starkregenereignisse. Wir erinnern uns an die Flutkatastrophen des Sommers 2021, die vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für Leid und Verwüstung gesorgt haben. Mehr als 180 Menschen starben, ganze Dörfer wurden hinweg gespült. Für den Wiederaufbau wurde ein Fonds mit 30 Milliarden Euro ausgestattet. Die Solidargemeinschaft zahlt für einen Teil der Schäden, die der Regen verursacht hat.
Und wenn zu wenig Wasser da ist? Müssen wir irgendwie nachhelfen, denn ohne Wasser gibt es kein Leben. In vielen Haushalten steht inzwischen eine große Gießkanne, um die Stadtbäume zu wässern und auch in der Landwirtschaft wird zum Teil großflächig auf Bewässerung gesetzt. Doch auch dieses Wasser muss von irgendwoher kommen. Zum Teil wird es aus Gewässern entnommen, was hier zu sinkenden Pegeln führt. Mit bereits angesprochenen Effekten für die dortigen Ökosysteme. Diverse Kommunen hatten die Entnahme deshalb im letzten Jahr bereits eingeschränkt. Zum Unmut vieler Gartenbesitzer:innen. Die alternative Quelle: Das Grundwasser.
Nur - wenn wir Jahr für Jahr das Grundwasser anzapfen, dies sich aber nicht „regeneriert“, also über den Winter ausreichend auffüllt – Sie ahnen es, dann bekommen wir absehbar ein richtiges Problem. Wie beim CO2-Budget gilt: Wenn wir jetzt zu viel verbrauchen, bleibt uns unter Umständen für die Zukunft zu wenig. Es geht also auch um Verteilungsfragen. Die Bundesregierung arbeitet deshalb derzeit an einer Nationalen Wasserstrategie.
In diesem Frühjahr soll sie im Bundeskabinett verabschiedet werden.
Eine wichtige zu klärende Frage hierbei ist auch: Wem gehört das Wasser? Schon jetzt werden Wasserquellen in Deutschland kommerziell vermarktet.
Inwieweit kann, inwieweit darf dies überhaupt noch geschehen, wenn der Grundstoff des Lebens immer knapper wird und dieser Mangel auch Ökosysteme bedroht?
Und wem gehört eigentlich der Regen?
Noch leiten gerade Städte große Teile des Regenwassers einfach direkt in die Kanalisation – ähnlich wie viele landwirtschaftlich genutzte Flächen oder trocken gelegte Moore sind Städte darauf ausgerichtet überschüssiges Wasser möglichst schnell abzuleiten. Erst bei neu angelegten Bauprojekten, die das Prinzip der Schwammstadt berücksichtigen, wird darauf geachtet, Sickerflächen anzulegen, wo überschüssiges Wasser erst einmal oberirdisch hinfließen und dann langsam versickern kann, damit es im Grundwasser ankommt.
Ein anderer Ansatz ist, das Regenwasser nutzbar und damit die Entnahme von Grundwasser überflüssig zu machen. Die gute alte Regentonne für das Gießwasser im Garten oder eben für die Stadtbäume. Aber auch für Prozesse im Haus kann Wasser gespeichert werden.
Während meines Volontariates habe ich für vier Wochen eine Brüsseler Kellerwohnung bewohnt. Sie besaß den Charme…nunja, einer Kellerwohnung. Und so roch sie auch. Aber der Clue des Hauses: Das Regenwasser, das auf dem Dach aufkam, wurde in einen Tank im Keller geleitet und für die Toilettenspülung genutzt. Dumm nur, dass besagter Sommer auch furztrocken war, ich als Kellerkind also zur Spülwächterin wurde – und den Tank per Schlauch mit Wasser aus dem Wasserhahn auffüllen durfte. Dennoch: Grundsätzlich gute Idee.
Regen wird absehbar zu einer selteneren und damit wertvolleren Ressource, die jeder einzelne für sich im Kleinen verwertbar machen kann. Aber auch als Gesellschaft müssen wir einen neuen Rahmen für unseren Umgang mit Regenwasser finden. Wenn jeder Tropfen wertvoll wird, sollte er nicht in der Kanalisation verschwinden. Was übrigens unser Abwassersystem auch vor Herausforderungen stellen wird, denn das ist derzeit auf ausreichend Flüssigkeit angewiesen. Wenn durch weniger Wasserverbrauch und Niederschläge weniger Wasser in die Kanäle fließt, na, ich lass Sie da mal mit Ihrer Fantasie alleine.
Je nachdem, wie ernst die Versorgungslage wird, könnte Regen sogar als kommerziell nutzbare Ressource denkbar werden. Wenn Quellen und Grundwasser nicht mehr ausreichend hergeben, um Wasser in Flaschen zu füllen, könnten Getränkeproduzenten auch auf andere Ideen kommen. Und dann wird es wirklich ernst mit der Frage: Wem gehört der Regen? Denn für Mensch und Natur ist am Ende auch entscheidend, dass noch immer genügend Regenwasser versickert und die Grundwasserspeicher füllt.
Umso wichtiger, dass unsere Landschaft so strukturiert wird, dass versickern möglich ist, auch wenn mal durch Starkregen zu viel davon auf einen Schlag da ist. Klimaanpassung ist hier das Stichwort - und weil ich mich nicht wiederholen möchte, verweise ich dazu einfach auf die letzte Ausgabe des Newsletters. Und überlasse das Schlusswort in dieser Sache Bodo Wartke.
Zum Abschluss dieser Ausgabe möchte ich Ihnen noch eine kleine Liste von Empfehlungen mit auf den Weg geben.
Zum Hören: Stichwort Lützerath
Ehrlich gesagt hinterlassen mich die Ereignisse aus NRW immer noch ein wenig rat- und sprachlos und ich fürchte, dass das, was dort passiert ist, dem Klimaschutz in vielerlei Hinsicht nicht gut getan hat, bzw. der Debatte darüber - und uns als Gesellschaft auch nicht. Die Polarisierung, die ich auch in Hörer:innenfeedback erlebe, beunruhigt mich zutiefst. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen Felicitas Boeselager, Vivien Leue und Gudula Geuther hatte ich zwischen Räumungsbeginn und Großdemo einen Podcast aufgenommen, der inzwischen zwar etwas veraltet ist, aber vielleicht doch noch ein paar Denkanstöße liefert.
Deutschlandfunk Politikpodcast Folge 298
Zum Lesen: Stichwort Klimagerechtigkeit
Das Magazin Panorama hat für den NDR eine hervorragende Recherche zu Flügen mit Privatjets gemacht - und wie diese trotz Klimakrise immer weiter zunehmen. Nun wissen wir seit langem, dass Wohlhabende weit mehr zur Klimakrise beitragen, als Normalverdienende und Ärmere - während vor allem letztere massiv von den Folgen der Klimakrise betroffen sein werden und ja auch nicht die finanziellen Mittel für Anpassungsmaßnahmen besitzen. Diese Recherche erzählt es aber noch einmal schwarz auf weiß. Und gibt damit auch einen Wink mit dem Zaunpfahl, wo in Sachen Klimaschutz wichtige Baustellen wären.
Wie Privatjets die Klimakrise antreiben
Zum Lesen: Stichwort Artenvielfalt
Um Artenvielfalt ging es kürzlich auch hier im Newsletter - anlässlich der Weltnaturkonferenz. Wie massiv die Klimakrise die Artenvielfalt bedroht, beschreibt Thor Hanson in seinem Buch: Von schrumpfenden Tintenfischen und windfesten Eidechsen. Faszinierende Antworten der Natur auf die Klimakrise.
Ich verschlinge es gerade, weil es wunderbar anschaulich, spannend und ja, auch lustig geschrieben ist. Hanson ist ein sehr guter Beobachter der Natur, stellt Zusammenhänge leicht verständlich dar, sodass einem zwischendurch wirklich geradezu Schuppen von den Augen fallen. Und er zeigt auch, wo die Natur den Veränderungen trotzt, wo sie uns überrascht, wo Arten Wege suchen und finden, sich anzupassen. Spannend, unterhaltsam, lehrreich.
Zum Gucken: Stichwort Umweltgifte
Ok, jetzt wird es leider wirklich dark. Es geht um die dunkle Seite von Stoffen, die eigentlich super praktisch scheinen, nur leider wegen ihrer Beschaffenheit eine erhebliche Umweltbelastung darstellen. Teflon beispielsweise, aber auch andere Materialien, die für Anti-Haft-Beschichtungen benutzt werden. Das Umweltbundesamt hat vor wenigen Tagen eine Empfehlung für ein Verbot ausgesprochen, aber auf EU-Ebene gibt es eine mächtige Lobby dagegen.
Das Jahrhundertgift
Viel, ähm, Vergnügen, falls Sie etwas davon beginnen mögen.
Und pssst, Sie gehören ja zu denjenigen, die wirklich ganz bis zum Ende gelesen haben, daher ein kleiner Hinweis als Goodie. Für diese Ausgabe habe ich testweise die Kommentare aktiviert. Also falls Sie etwas loswerden möchten… :) Aber zivilisiert, nech! Ansonsten lesen wir uns in der nächsten Ausgabe. Wenn Sie mögen.
Herzliche Grüße
Frau Büüsker
Wieder eine tolle Ausgabe - Vielen Dank für die Zusatzschicht 🙏
Vielen Dank für diesen schön zu lesenden Beitrag!